Während der deutsche Fahrer sein Auto längst in der Garage stehen lässt, fängt der russische Fahrer langsam darüber nachzudenken, die normale Geschwindigkeit einzuhalten. Es macht Spaß!
Drei Fragen wollte ich in diesen drei Monaten beantwortet haben. Drei Fragen, die mich nicht nur seit einer Ewigkeit beschäftigen, sondern auch mein Tun seit einer Ewigkeit beeinträchtigen. Drei Fragen, die Alles oder Nichts bedeuten können, denn keiner hat mir versprochen, dass ich die Antworten in diesen drei Monaten finde. Doch ich musste nicht suchen. Sie lagen zum Abholen bereit. Zum Ersten wollte ich wissen, ob mein Wunsch für einige Jahre nach Russland zu gehen, eine »Mirage« aus unerfüllten Jugendräumen oder eine reale Chance war. Weder noch, würde ich heute sagen. Vielleicht wäre es eine reale Chance gewesen, wenn es damals in Russland keine dramatische Wende gegeben hätte, die das Volk in eine Situation zwang, auf die es nicht vorbereitet war. Ich mag Russland und die Menschen dort nach wie vor. Doch es hat für mich wenig mit dem Land zu tun, das ich '90 verlassen musste. Erzwungener Kapitalismus ohne sozialen Aspekt macht mir Angst, die ich nur für kurze Zeit...
Diplomatie kann bei Verhandlungen oder im Einzelhandel sehr gute Dienste leisten. Keine Frage. Doch in den meisten Fällen ist ihr Gebrauch mit einem Schnörkel gleichzusetzen. Einem Schnörkel, der an einem klar gegliederten Gegenstand angebracht ist und daher überflüssig und sogar störend wirkt. Er kann unter Umständen den Blick auf die Tatsachen verdecken und damit den Menschen in die Irre führen. Man weiß vor lauter Diplomatie nicht mehr, um was es eigentlich geht, wo man steht und mit welchen Konsequenzen man im Ernstfall zu rechnen hat. Nun gib es sicherlich unterschiedlichste Schattierungen dieser Kunst, die sich sowohl von Volk zu Volk, als auch von Mensch zu Mensch unterscheiden. Was die Diplomatie angeht, so befindet sich Russland noch in der Wiege, höchstens in der Krabbelgruppe. Und obwohl ich die oft anzutreffende Unfreundlichkeit und die forsche Art, der sich im Dienstleistungsbereich verirrten Russen hasse, wünsche ich mir insgeheim, dass dieses Volk NIE die Perfektio...
In Russland laufen Werbespots auch dann weiter, wenn man das Heim bereits verlassen hat – und zwar in 4-D. Das geschieht vorwiegend in den Regional- und Kurzstreckenzügen. Eines Tages sitze ich in einem der Züge, der mich von Moskau nach Sergeev Pasad bringen soll. Dort gibt es ein sehenswertes Kloster, gegründet von Sergej Radoneschskij. Also versuche ich in mich zu gehen und mich auf eine eineinhalbstündige Reise und deren tieferen Sinn einzustimmen. Kaum startet der Zug werden meine tiefsinnigen Gedanken grob unterbrochen. Im Wagon erscheint eine Frau mit großen Taschen und erläutert knapp und laut die einmaligen Vorzüge von Staublumpen und anderen Produkten für die Sauberkeit. Sie betont immer wieder, dass diese aus deutscher Herstellung stammen und ich vermute, sie meint damit unverwüstlich und lebenslang haltbar. Schade, dass damit nur die deutschen Lumpen und nicht die deutschen Männer gemeint sind. Anschließend sagt sie, dass die Interessenten sich an sie wenden können und geht...
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