Gute Geschichten

Seit etwa 10 Min weiß ich, wie mein Plan an der Akademie aussehen wird. Es wird hart. Es fühlt sich jetzt schon nicht nach Spaß an. Und das ist gut so. Sogar sehr gut. Das bedeutet, dass ich vielleicht eine Chance bekomme, trotz wenig Zeit, etwas zu lernen. Denn mit meinen bisherigen Arbeiten konnte ich hier niemanden wirklich überzeugen. Sie erkennen nur das Potenzial. Mehr habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Und, wenn ich die Arbeiten von Studenten sehe, verliere ich kurz den Mut. Ich frage mich, was ich hier eigentlich in ein Paar Monaten erreichen will? Kann man was erreichen? Am besten gar nicht darüber nachdenken. Ein Zurück gibt es nicht mehr.

Und jetzt Themawechsel. Mich haben Beschwerden aus meinem engsten Familienumkreis erreicht. Es heißt, ich würde mit der ironischen und abwertenden Art, mit der ich meine Geschichten gerne schreibe, so einem tollen Land, wie Russland nicht gerecht. Es entstehe ein falscher Eindruck.

Jeder weiß, dass positive Geschichten meistens langweilig sind. Nun habe ich trotzdem beschlossen sie aufzuschreiben, um Gleichgewicht zu schaffen, und um weiterhin mit gutem Gewissen Gift versprühen zu können. Hier ist die erste.

Ich war heute spät dran und habe beschlossen das letzte Stück vom Metro bis zum Atelier von Tatjana (meine Lehrerin im Zeichnen) mit dem Taxi zu fahren. In Sankt Petersburg gibt es mehr Taxis als Einwohner. So fühlt sich das an. Es gibt legale, illegale und private Taxi. Die meisten von ihnen sind gerissen und betrügen, wo sie können, besonders gerne die ahnungslosen Touristen. So ist die allgemeine Meinung.

Also, ich frage den Fahrer, was meine Strecke kosten würde. 300 Rubel ist die Antwort. Wenig ist das nicht, aber er hat seinen Grundpreis und ich habe heute keine Lust zu verhandeln. Also setze ich mich ins Auto. Bevor er los fährt schaut er in die Karte und meint, dass es ihm leid tut, aber die Strecke ist zum Teil gesperrt (damit meint er den Stau). Ich frage ihn, wie nah dran er mich fahren kann. Da sagt er plötzlich zu mir, dass es für mich Geldverschwendung wäre, mit ihm zu fahren, dass ich schneller zu Fuß dort bin und dass er mir gerne den Weg dorthin erklärt. Man könnte natürlich glauben, dass es nur ein Zufall ist. Doch solche Zufälle passieren mir in dieser Stadt fast jeden Tag. Wenn man nicht total naiv ist, sondern diese Stadt mit offenen Augen erkundet, entdeckt man unendlich viel Schönheit, auch in den Menschen.

Kommentare

  1. Vielen Dank für diese wirklich schöne Geschichte! Aber bitte, bitte, komme nicht auf die Idee, nur noch schöne Geschichten zu schreiben!! Wir wollen keine Potjemkinschen Dörfer, wir wollen echte, farbige, lebendige Landschaften und keine toten Ölbilder!!

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