Moskau grüßt

Über Nacht zu fliegen war keine gute Idee.
 Richtig ausschlafen werde ich wahrscheinlich erst in St.Petersburg. Dort habe ich ein Hotel. Hier in Moskau habe ich die Realität. Das heißt ein ca. 2x2 qm. Zimmer, in dem meine Freundin, ihr Mann, ihr Kind und ich schlafen und wohnen. Mein Koffer muss draußen im Flur bleiben. Die schäbige Toilette, das Bad und die winzige Küche werden mit einer weiteren Familie geteilt. Dazu gehört ein Säufer, der seinen Job als Lastfahrer verloren hat, eine Frau, die irgendwelche Tabletten schluckt, während sie wie eine lebende Leiche umherwandert und ein Kind, das mir am meisten Leid tut.
Als der Mann sie geschlagen hat, dachte ich, dass Moskau vom Erdbeben der Stärke 5 erschüttert wird. Einmischen darf man sich nicht. Dagegen haben beide was. Es würde auch nichts bringen.

Als ich heute Nacht mit voller Blase aufgestanden bin, durch den Türspalt gesehen habe, dass auf der Toilette jemand scheinbar erstarrt ist und deswegen gezwungen war ins Bad auszuweichen, haben mich unbeschreiblich starke Gefühle überfallen. Ich liebte meine Wohnung in der Humboldtstr., mein Leben in Karlsruhe und das Land Deutschland im Allgemeinen aus vollem Herzen. Erstes Mal in meinem Leben.

Meine Freundin und ihr Mann verdienen verhältnismäßig gut. Trotzdem können sie sich, zur Zeit keine andere Wohnung leisten. In Moskau könnte ich es auch nicht.

Heute bin ich ins Moskauer Zentrum der Realität entflohen. Mal sehen, wie es weiter geht. Es bleibt spannend.

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